24. Mai 2019

Antrag wiederkehrende Strassenbeiträge

24.05.2019

Gemeinsamer Antrag Bündnis 90/DIE GRÜNEN und SPD

Beschlussvorschlag: 

Die Gemeindevertretung möge beschließen, eine neue Straßenbeitragssatzung nach dem Maßstab der „wiederkehrenden Straßenbeiträge“ einzuführen. Der Gemeindevorstand der Gemeinde Otzberg wird beauftragt, einen entsprechenden Satzungsentwurf auszuarbeiten und der Gemeindevertretung zeitnah zur Beschlussfassung vorzulegen und die entsprechenden Fördermittel zu beantragen. Zur Durchführung einer rechtssicheren Beitragserhebung ist für die Aufgaben, welche in der Verwaltung nicht leistbar sind, ein geeignetes Büro auszuwählen und zu beauftragen. Um die Umstellung transparent zu gestalten sind die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig zu informieren.

Begründung:

Mit der Novellierung des kommunalen Abgabengesetzes (KAG) zum 1.Januar 2013 wurde auch den hessischen Städten und Gemeinden die Möglichkeit eröffnet, für die grundhafte Sanierung der öffentlichen Verkehrsanlagen zwischen einmaligen und wiederkehrenden Beiträgen zu wählen.

Durch die Änderung des Kommunalen Abgabengesetzes (KAG) vom 28.05.2018 blieb der Gesetzgeber bei seiner bisherigen Linie, dass die Finanzierung der kommunalen Straßen auch zukünftig die Aufgabe der Kommune ist. Jedoch wurden neue Möglichkeiten eröffnet:

  • Beiträge können, müssen aber nicht erhoben werden
  • Eine Finanzierung über Gemeindesteuern wird ermöglicht

Jedoch gilt bei jeder Finanzierungsart der Grundsatz, dass der Haushaltsausgleich (im Ergebnis) erreicht wird und eine Liquiditätsreserve aufgebaut und vorgehalten werden muss. Insofern wäre eine Finanzierung über Kredite zwar grundsätzlich möglich, diese führen aber in der Praxis zu verminderter Investitionsfähigkeit in anderen Bereichen.

Steuerfinanzierung

Grundsätzlich wäre jede Gemeindesteuer zur Finanzierung des Straßenbaus einsetzbar (allgemeines Finanzierungsmittel), jedoch ist lediglich die Grundsteuer von ihrer Ertragskraft dafür geeignet, da sie im Gegensatz zur Gewerbesteuer konjunkturunabhängig ist. Das bedeutet, dass Straßenbau auch in Zeiten niedriger Gewerbesteuereinnahmen möglich sein muss, Der Verwaltungsaufwand ist bei dieser Variante gering, da lediglich ein neuer Hebesatz in der Gemeindevertretung beschlossen werden müsste. Jedoch sprechen einige Punkte gegen diese Finanzierungsart:

  • Der Steuerzahler hat keinen Anspruch auf Gegenleistung, d.h. die Einnahmen können auch in andere Bereiche fließen (Kindertagesstätten, Friedhöfe, Volkshaus, sonstige Gebäude usw.)
  • Keine Verschonung für Grundstückseigentümer, die bereits einen einmaligen Straßenbeitrag bzw. einen Erschließungsbeitrag gezahlt haben.
  • Hoheitlich genutzte Grundstücke zahlen keine Grundsteuer (Kommune, Kirche, Schule…)
  • Keine Auflösung von Sonderposten. Die Straße muss nicht nur finanziert werden, sondern über einen Zeitraum von 30 Jahren in voller Höhe abgeschrieben werden. Dies belastet den Ergebnishaushalt jährlich mit 1/30 der investiven Ausgaben. Diese müssen wiederum über Steuern finanziert werden.
  • Gewerbliche Vermieter können den Straßenbau auf den Mieter abwälzen.

Beitragsfinanzierung

Hier gibt es zwei Varianten, den maßnahmenbezogenen und den wiederkehrenden Beitrag. Generell gilt, dass Straßenbeiträge nur erhoben werden, wenn tatsächlich Baumaßnahmen stattfinden und ein „Sondervorteil“ für den Grundstückseigentümer zu begründen ist.

Beim maßnahmenbezogenen Beitrag, bei.denen nur die Anlieger an der grundhaft erneuerten Straße (Sondervorteil neue Straße) die Beiträge zahlen, werden in der Regel mit 4- oder 5stelligen Summen belastet. Für diese Variante hat der Gesetzgeber zukünftig eine Ratenzahlung ohne die Notwendigkeit, ein berechtigtes Interesse nachzuweisen, über einen Zeitraum von bis zu 20 Jahren eingeräumt. Der Zinssatz wurde auf 1% über dem jeweiligen Basiszinssatz (aktuell -0,88 %) festgelegt. Dies stellt für Grundstückseigentümer zwar eine Abmilderung dar, die Gemeinde jedoch vor das Problem, wie die Liquiditätsausfälle in diesem Zeitraum finanziert werden sollen.

Beim wiederkehrenden Beitrag erweitern sich Raum und Zahl der Beitragszahler. Bei gleichen Berechnungsgrundlagen zur Erhebung der Beitragsschuld pro Grundstück fällt diese daher wesentlich geringer aus, als beim einmaligen Beitrag.

Um den notwendigen Sondervorteil der Beitragsschuldner begründen zu können, müssen bei diesem Verfahren einzelne Abrechnungsgebiete (in der Regel die einzelnen Ortsteile) gebildet werden, in denen die jeweiligen Grundstückseigentümer solidarisch alle beitragsfähigen Straßenbaumaßnahmen gemeinsam finanzieren. Dadurch entfällt der hohe Einmalbeitrag. Haben Grundstückseigentümer in den letzten Jahren bereits einen Erschließungs- oder Straßenbeitrag gezahlt, werden sie für einen gewissen Zeitraum (max. 25 Jahre) von der Zahlung der wiederkehrenden Beiträge verschont. Um die erhöhten Kosten der Einführung stemmen zu können, hat das Land ein Förderprogramm aufgelegt. Der Zuschuss würde nach den zur Zeit gültigen Sätzen für die Gemeinde Otzberg 160.000€ betragen (8 Abrechnungsgebiete a 20.000€).

Neben der Abgrenzung der Abrechnungsgebiete sind sämtliche Straßen nach ihrer Funktion Anliegerstraße, innerörtliche Durchgangsstraße oder überörtliche Durchgangsstraße zu bewerten um daraus den Gemeindeanteil für das jeweilige Abrechnungsgebiet berechnen zu können. In diesem Zusammenhang wäre auch eine technische Bewertung der Straßen sowie ein Abgleich mit dem Zustand der Ver- und Entsorgungsleitungen sinnvoll. Aus diesem Ergebnis kann dann eine fundierte Prioritätenliste abgeleitet werden.

Die Notwendigkeit, auch in den zukünftigen Jahren grundhafte Straßensanierungen durchführen zu müssen, ist nach Einschätzung der Verwaltung beträchtlich. Mit dem neuen Modell kann diese Aufgabe nachhaltig, ohne einzelne Bürger damit finanziell zu überfordern, wahrgenommen werden.

Viele „in die Jahre“ gekommene Straßen sind den zunehmenden Verkehrsbelastungen schon lange nicht mehr gewachsen, der Unterhaltungsaufwand wird sich daher bei Ausbleiben von notwendigen Sanierungen deutlich erhöhen.